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Den Schmerzensreichen ärgert gar nix

Gut, das musste sein. Denn er war – das hielt er sich immer zu Gute – einer, der, wenn er sich einmal etwas vorgenommen hatte, das auch (irgendwann) einzuhalten pflegte.

Also ging er tatsächlich ins Fitness-Studio. Und das Mitte Dezember, das war – so gesehen – noch nicht einmal ein Neujahrsvorsatz.

 

Das Prozedere hatte er sich im Netz durchgelesen, und gleich auch mal ein Probetraining gebucht. Tags darauf war er auch schon dort, also vor Ort, um ein Probetraining anzutreten. Das Drumherum – also, die Location: da war Stuck an der Decke; die Öffnungszeiten: 6 bis 23 Uhr – fand er im Prinzip in Ordnung.

 

Schließlich bekam der Schmerzensreiche einen Code zugemailt: er hatte nach diesem Probetraining tatsächlich die Mitgliedschaft beantragt. Schön, hier konnte er auch monatlich kündigen.

Leider war an dem Tag, wo er mit dem neuen – jetzt Mitgliedscode – den Fitnessclub betrat, so eine Tulli zugegen.

 

Nach dem Training – in der Hauptsache: Rad fahren – ging er an dieser vorüber, die sah nicht einmal von ihrem Laptop auf. Dann wechselt er die Schuhe. Hier, im Eingangsbereich war auch quasi die Umkleide, man wechselte hier also nicht die Bekleidung (mit dem Trainingsgewand kam und ging man), man wechselte hier lediglich von den Straßen- auf die Sport-Schuhe.

 

Und diese Tulli sprach ihn also von der Seite an:

„Na, wie war das Training?“

„Gut. Es hieß, ich würde ein neues Band bekommen.“

Mit diesem Band hätte er dann jederzeit die Möglichkeit, den Fitnessclub zu betreten (weil sich in diesem Gummiband ein Chip-Code mit dem Computer-System verbindet).

 

Diese Trullalla war gleich mit ihm per du:

„Und wie ist dein Vorname?“

„Rudolf!“

„Das passt ja gut in diese Jahreszeit!“

 

Der Schmerzensreiche überlegte.

Winter? … hm … ah: Weihnachtszeit … Rudolf the Rednosed Reindeer. … gut, das ist jetzt auch … hä? … will die mich ..?

Der Schmerzensreiche ärgerte sich.

 

„Schön, dass dir mein Name gefällt, Sabine – weil mein Name passt nämlich auch sonst; also, genau genommen: das ganze Jahr über. Sabine heißt du – hast du doch gesagt, nicht wahr?“

Die sagte erstmal: nix – und klopfte in ihren Laptop.

 

„Geburtsdatum?“

„11.07.1979, Sabine …“

„… ich habe nicht gesagt, dass ich Sabine heiße …“

„… sondern ..?“, frage der Schmerzensreiche.

„… ich habe gar nix gesagt“, antwortet die blöde deutsche Sport-Studentin, „hier hast du dein Band.“

 

„Damit komme ich rein?“

„Ja."

 

Der Schmerzensreiche hielt das Band gegen das Digitalfeld.

„Damit komme ich aber offensichtlich nicht raus.“

„Nein, da musst du den Code eingeben, den du per Mail bekommen hast.“

Die Alte ärgerte den Schmerzensreichen schon wieder, sintemal die Dumpfbacke genau neben ihm stand.

 

„Aber kannst du mir bitte … nicht … ausnahmsweise … mit deinem Code öffnen?“

„Gut“, hielt sie ihr Bändchen hin, „heute mache ich dir ausnahmsweise so auf.“

 

Der Schmerzensreiche überlegte, ob er sich bedanken sollte, stattdessen entschied er sich aber, die deutsche Sport-Studentin zu verarschen.

„Danke für … ,gar nix‘ – hast du doch gesagt, gelt?“

Die giftete ihn blickmäßig böse an.

 

Als der Schmerzensreiche das Drehkreuz durchschritt, blickte er noch über die Schulter und grinste die Trulla blöd an:

„Garnix? … komischer Name! … gerade zu dieser Jahreszeit!“

 

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