· 

#119: PREYER: Wie Gutachter und Masseverwalter verdienen

Abgewertet und abgewickelt

 

Wie Gutachter, Masseverwalter und stille Profiteure am Immobilienmarkt mitverdienen.

 

Rudolf Preyer

 

Ein neu gebautes Zinshaus im Herzen der steirischen Landeshauptstadt. Fertiggestellt im Jahr 2023, errichtet um rund sechs Millionen Euro. Die Mieten sind stabil, die variablen Zinsen sind gesunken – eigentlich sprechen wir über einen sicheren Wert. Eigentlich. Doch im gegenständlichen aktuellen Gutachten (aus rechtlichen Gründen können wir nicht konkreter werden, weitere Aufdeckungen diesbezüglich sind hierorts aber zu erwarten, zumal auch parteipolitische Interessen vorherrschen).

Jetzt wird die Immobilie allerdings nur mehr mit 3,45 Millionen Euro bewertet. Wie kann das sein?

 

„Ich bewerte die Welt, widiwidi-wie sie mir gefällt“

Recherchen unserer Redaktion zeigen: Dieser Fall ist kein Einzelfall. Dieser steht exemplarisch für ein undurchsichtiges System aus „kreativen Gutachten“, wirtschaftlichen Interessen von Masseverwaltern und einer auffallenden Nähe mancher Käufer zu parteinahen Netzwerken.

Das System könnte sicher verbessert werden, so dürfte der Masseverwalter etwa ohne Zustimmung des Konkursgerichts nichts entscheiden bzw. veräußern. Natürlich hängt es von der Qualität der beteiligten Stellen (Masseverwalter, Konkursrichter, Gutachter etc.) ab.

Es gibt Rechtsanwälte, die sich auf die Masseverwaltung konzentrieren, daher Erfahrungen haben und sich auch darum reißen. Weil hier enorme Geldquellen schlummern.

Eine zentrale Gefahrenquelle: Die Masseverwalten bzw. die Konkursrichter beschäftigen i.d.R. immer dieselben Gutachter.

Hier ein Gegen-Vorschlag: Gutachter müssten regelmäßig getauscht werden! Es müssen immer mindestens zwei Gutachten erstellt werden.

 

Systematische Abwertung als Strategie

Immobiliengutachten sind kein exakter Wissenschaftszweig, sondern ein Spielraum. Es gibt drei kodifizierte Bewertungsverfahren: das Vergleichs-, das Sachwert- und das Ertragswertverfahren.

Das Bewertungs- wie das Ertragswertverfahren bieten jedoch Schlupflöcher: Mit leicht angepassten Annahmen zu Mieterträgen, Zinssätzen oder Abschlägen lassen sich Werte um Millionen manipulieren. Besonders heikel wird es, wenn solche Gutachten im Rahmen von Insolvenzverfahren erstellt werden.

Ein erfahrener Insider erklärt gegenüber unserer Redaktion: „Es reicht, wenn ein Sachverständiger eine unrealistisch hohe Kapitalisierungsrate ansetzt oder pauschal einen Mangel behauptet. (Bei Neubauten entstehen erfahrungemäß immer Nachhaftungen, Senkungen, Schimmelbildungen, unfachmännische Ausführungen, die zu einem Abschlag führen). Plötzlich ist ein Neubau beispielsweise 30 % weniger wert.

Diese Abwertungen haben Konsequenzen: Die Liegenschaften landen im Zuge der Verwertung oft bei jenen Investoren, die schon im Vorfeld Interesse signalisiert haben. Dazu haben wir konkrete Fälle – diese folgen hierorts. So viel darf jetzt schon verraten werden: Nicht selten sind es Kreise mit guter Vernetzung in Politik, Justiz und Wirtschaft.

 

Masseverwalter als stille Architekten

Im Zentrum vieler dieser Vorgänge stehen Masseverwalter. Als zentrale Figuren in Insolvenzverfahren entscheiden sie über die Auswahl von Gutachtern, die Verwertung der Aktiva und die Information an das Gericht. Sie agieren weitgehend autonom und unterliegen kaum wirksamer Kontrolle. Klar ist: Masseverwalter sollten durch qualifizierte Konkursrichter kontrolliert werden!

Kritiker werfen ihnen vor, durch gezielte Auswahl befreundeter Gutachter und stiller Abstimmung mit bestimmten Interessenten die Bewertungen im Sinne künftiger Käufer zu beeinflussen. Die geschädigten Gläubiger hingegen müssen oft mit stark reduzierten Quoten rechnen. Nochmals: Gläubiger sollten daher immer ein Gegengutachten oder einen neutralen Gläubigervertreter einsetzen.

Ein Branchenkenner bringt es auf den Punkt: „In manchen Fällen wirkt das wie ein abgekartetes Spiel: Runterwerten, durchwinken, verwerten – an die ,richtigen Leute‘.“

 

Die stille Nähe zur Macht

Auffallend ist auch, dass immer wieder dieselben Akteure zum Zug kommen: Investoren, die in Vergangenheit bereits als Parteispender, Veranstalter exklusiver Polit-Events oder Begünstigte von Inseratenkooperationen aufgefallen sind. Es fällt schwer, an Zufall zu glauben.

Während die Immobilienbranche in der Öffentlichkeit gerne pauschal „als von Spekulanten und Haien durchzogen“ dargestellt wird, lenkt diese Haltung davon ab, wie strukturell Macht, Verwertung und politisches Netzwerk ineinandergreifen.

 

Fazit

Die pauschale Vorstellung, dass „eh alle in der Branche Gauner sind“, vernebelt den Blick auf das eigentliche Problem: ein strukturelles System, in dem politische Nähe, mangelnde Kontrolle und wirtschaftliche Interessen Hand in Hand gehen. Die Leidtragenden sind jene, die mit redlichen Mitteln gebaut, investiert oder verliehen haben.

 

Und die Profiteure? Bleiben meist im Schatten – sind bestens vernetzt, gut informiert, und bereit, beim nächsten Abschlag erneut zuzuschlagen.

Normale Preisentwicklung

Preisentwicklung Masseverwalter